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Wolfgang – ein Hertha-Fan der ersten Stunde

Gleich am ersten Tag, als ich Wolfgang kennenlernte, zeigte er mir seine Hertha-Tasse – mit einem Strahlen im Gesicht. Er berichtete davon, wie er in den 1950er Jahren in der Jugendmannschaft von Hertha gespielt hat, damals im alten Stadion in Wedding, der Plompe. Dann kam die Mauer und Wolfgang, der in Pankow wohnte, konnte mit seiner Frau Monika viele Jahrzehnte kein Spiel besuchen. Die Fanliebe war aber ungebrochen. Nach der Wende kauften sich beide sofort eine Dauerkarte und erlebten viele glückliche und aufregende, aber auch frustrierende Momente mit ihrer Lieblingsmannschaft. Das letzte Spiel hat er vor 15 Jahren besucht, gemeinsam mit seiner Monika.

Seitdem haben sich die Zeiten stark geändert: Wolfgang ist sehr krank geworden, seine Monika ist gestorben und er hatte schon damit abgeschlossen, jemals wieder im Stadion zu sein. Als er mir das alles erzählt, fällt mir ein Kontakt bei Hertha ein, der dort in der Abteilung „Soziales“ arbeitet. Dem habe ich die Geschichte von Wolfgang am nächsten Tag erzählt und er war sofort bereit, uns Tickets für ein Spiel unserer Wahl zu besorgen. Hertha gegen Leipzig sollte es sein, am Ostersamstag im Olympiastadion.

Als wir die Karten per Mail bekommen haben, staunten wir nicht schlecht: Das waren echte VIP Karten, inklusive Essen, Getränken und Plätzen auf der Ehrentribüne. Ich glaube nicht, dass ich Wolfgangs Augen schon mal so strahlend gesehen habe.

Am 8. April ist es dann endlich soweit:
Wir fahren mit dem Taxi ins Olympiastadion. Der Taxifahrer war ein altes Berliner Original und auch Hertha-Fan. Die ganze Fahrt über haben die beiden sich über ihren Verein, ihre Stadt, die DDR und die Gegenwart ausgetauscht. Das war eine tolle Einstimmung für das Spiel. Im Stadion angekommen, wurden wir direkt in die VIP-Lounge ge-bracht, wo man für uns einen eigenen Tisch vorbereitet hatte. Wir haben es uns dort richtig gut gehen lassen und uns die Bäuche am Buffet vollgeschlagen. Dazu ein super aufmerksamer Service, der uns mit Wein und anderen Getränken versorgt hat. Es kam auch mein Hertha-Kontakt vorbei, um Wolfgang im Namen des Vereins willkommen zu heißen und uns ein tolles Spiel zu wünschen.

Zum Anpfiff sind wir dann raus auf die Ehrentribüne. So tolle Plätze hatten weder Wolfgang noch ich jemals bei einem Spiel. Die Stimmung im Stadion war großartig, die Fans in der Ostkurve haben leidenschaftlich gesungen, die Sonne schien, da war das Ergebnis zweitrangig. Zumindest hat Hertha sich diesmal nur ein Gegentor eingefangen. Bei dem ganzen Kummer, den man in letzter Zeit als Hertha-Fan hatte, war das eine vergleichsweise milde Niederlage. Nach 90 Minuten draußen-sitzen wurde es dann langsam frisch und wir haben die letzten Minuten des Spiels in der Loge geschaut, mit einem Glas Wein und einem breiten Lächeln auf den Lippen.

Zum Abschied haben wir noch einen Hertha-Schoko-Osterhasen bekommen und Wolfgang von mir einen Schlüsselanhänger als Andenken für seinen Zimmerschlüssel, damit er sich jeden Tag an dieses tolle Erlebnis erinnern kann. Da kam auch das Strahlen zurück in Wolfgangs Gesicht und die Gewissheit, Fan des besten Vereins der Welt zu sein.

Maria Schenker
Ehrenamtliche Mitarbeiterin im Ambulanten Hospizdienst

Dieser Artikel erschien im Stiftungsmagazin HERBSTFEUER der Seniorenstiftung Prenzlauer Berg, Nr. 87, Ausgabe Juni 23.
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